DIE COMEBACK-LIEBE

Bei Promi-Paaren scheint das öfter vorzukommen: sich erst trennen und dann wieder neu ineinander verlieben. Doch wie sieht es im echten Leben aus? Hat die Comeback-Liebe eine Chance?

Plötzlich reunited: Nachdem die Sängerin Jennifer Lopez, 52, und der Schauspieler Ben Affleck, 49, im letzten September ihre wieder entflammte Liebe öffentlich gemacht haben – vor 18 Jahren waren sie schon mal verlobt, dann trennten sie sich – explodierte das Netz. Endlich! Schicksal! War doch schon immer klar! Jeder Kuss, jede Umarmung wurde protokolliert. Aber das Erstaunlichste: Die Reunion war kein kurzer PR-Gag, wie man hätte ver- muten können. Die beiden wollen jetzt heiraten.

In Zeiten, in denen jede dritte Ehe geschieden wird (in Großstädten sind es noch deutlich mehr) und coronakrisengeschüttelte Paare auseinandergehen, sehnen wir uns nach Geschichten wie diesen. Von wahrer Liebe, die einfach nur einige Jahrzehnte brauchte, um zu reifen. Von unergründlichen Wegen, die das Leben geht und die dann am Ende doch zueinander führen.

Nicht nur J.Lo, und Ben, sondern auch die Statistik gibt durchaus Anlass zur Hoffnung. Denn Liebeswiedervereinigungen sind gar nicht so selten: Eine US-Stichprobe mit 1075 befragten Paaren ergab, dass mehr als ein Drittel der Paare, die zusammenlebten, und ein Fünftel der verheirateten Paare schon mal getrennt waren.

Andererseits haftet einer Comeback-Liebe auch immer etwas Lauwarmes an. Aufgewärmtes Essen schmeckt nicht, heißt es. Und sind nicht schnell die alten Probleme wieder da, für die es auch schon vor der Trennung keine Lösung gab? Hier erzählen Paare, die einen zweiten Anlauf gewagt haben.

DAS GROßE-PAUSE-PAAR

Anna, 39, und Torsten, 43, brauchten viele Umwege, um sich und die Liebe zu verstehen.

Nach dem Ausgehen hatte Anna ihn abgeschleppt: „In dem Moment sagte mein Bauchgefühl: Das passt. Es ist gut, es ist richtig.“ Torsten erinnert sich genau an diese Nacht in Stuttgart 2004. Torsten Kmetsch, und Anna-Katharina Ludger, damals 25 und 21, werden nach dieser Nacht ein Paar. Bis Anna zweieinhalb Jahre später in die Niederlande zieht, um ihre Diplomarbeit fertig zu schreiben – eine „Open-End-Fernbeziehung“, ohne Plan für die Zukunft. Zwar besucht Torsten sie so oft wie möglich, doch Anna ist auf dem Sprung in ein anderes Leben. Sie will in den Niederlanden bleiben und ihren ersten Job als Agrarbiologin antreten.

Anna: „Die Telefonate und Besuche von Torsten fühlten sich mit der Zeit wie ein Muss an. Der Zwiespalt, ob ich lieber Zeit mit Torsten oder mit mei- nem neuen Freundeskreis verbringe, wurde größer. Damit habe ich uns immer mehr boykottiert.“ Anna beendet die Beziehung.

Torsten: „Das war brutal. Ich war nicht einverstanden.“ – Anna: „Dass die Trennung nicht einvernehmlich war, fühlte sich seltsam an. Unvollendet.“ Sie lebt ihr neues Leben, verliebt sich, heiratet. Mit Torsten bleibt sie lose in Kontakt.

Jahre später findet sich Anna in einer Umbruchphase wieder. Sie ist unzufrieden mit ihrem Job, die Ehe läuft auf Scheidung zu, sie stellt ihr Leben infrage. Anna und Torsten telefonieren und chatten nun öfter. 2017 das erste Wiedersehen nach zehn Jahren. In einem Hotel an der niederländischen Nordsee, optimistisch für drei Nächte gebucht. Torsten: „Als ich mich am Strand an Anna anlehnte, spürte ich: Ich bin genau dort, wo ich sein soll.“ Anna: „Ich wollte mehr als diese drei Nächte. Dieses Gefühl sollte nicht hier enden.“

“Wir haben beide unsere eigenen Erfahrungen gemacht, keiner muss was nachholen”

Gefühlt, gedacht, getan. Anna kündigt, zieht nach Deutschland. Beruflich orientiert sie sich neu, gründet die „Equilibrium Academy“ für Mentoring, Energiearbeit und Frauenzirkel. 2021 heiraten Anna und Torsten dann tatsächlich. Torsten: „Wir haben diese zehn Jahre Pause gebraucht, um zu wissen, dass wir zusammengehören. Immerhin haben wir eigene Erfahrungen gemacht, keiner muss was nachholen, was vielleicht andere Paaren in unserem Alter einholt.“

DAS BUMERANG-PAAR

Julia, 37, und Hannes, 39, trennten sich gleich mehrfach. Voneinander los kamen sie nicht

Manchmal kehrt man auch zweimal zum selben Mann zurück, den man beide Male wegen desselben Mannes verlassen hatte. Klingt kompliziert? Julia hat sich diese Entscheidung – gleich zweimal – nicht leicht gemacht. Sie ist seit 18 Jahren mit ihrem Mann Hannes zusammen, hat mit ihm vier gemeinsame Kinder im Alter von zwei bis 14 Jahren. Nach drei Jahren Beziehung kann Julia die manchmal düsteren Stimmungen ihres Mannes nicht gut ertragen. In dieser Zeit des Zweifelns gesteht ihr Klas, ein 18 Jahre älterer Freund, dass er Gefühle für sie habe: „Da war ich ganz taumelig und irritiert.“ Sie trennt sich für drei Monate von ihrem Mann, jedoch ohne mit Klas etwas anzufangen.

Als ihre ersten beiden Kinder sechs und zwei Jahre alt sind, taucht Klas wieder auf. Erneut trennt sich Julia von Hannes, dieses Mal entkoppelt sie ihr Leben komplett. Sie lebt kurz mit den Kindern bei ihrer Mutter, sucht sich dann eine Wohnung. Sechs Monate später verliebt sich Julia in einen Jüngeren, bleibt mit ihm ebenfalls sechs Monate zusammen. Dieser „schöne Mann“ wird ihr Sprungbrett weg von Klas, hin zu sich selbst. Sechs Monate lebt Julia als Single, bis sie zwei Entscheidungen trifft. Erstens: eine neue Ausbildung beginnen und vollenden. Zweitens: zu ihrem Mann zurückkehren.

Hannes sucht in dieser Zeit online nach einer neuen Partnerin, fliegt für ein Date gar nach Wien. Diese 18 Monate Trennung seien für beide wichtig gewesen, findet Julia: „Hannes ist offener und kom- munikativer geworden, weniger introvertiert.“ Und worin bestand die Anziehungskraft von Klas? „Seine Lebensfreude. Der hat mich einfach auf Händen getragen“, lacht sie. Hinzu kommt, dass Hannes für Julia der erste Mann war, mit dem sie Sex hatte: „Deswegen hatte ich den Drang, dass ich es mit Klas probieren muss, auch in erotischer Hinsicht.“

Nach dem Neuanfang mit Hannes bekommt das Paar zwei weitere Kinder. Die Entscheidung für ein Leben als Familie trifft Julia bewusst: „Es gibt viele gute Gründe, warum ich mich für Hannes entschieden habe. Er ist mein Fels in der Brandung, hält immer zu mir. Die Themen, die ich mit ihm habe, üben wir weiter und ich weiß, es lohnt sich. Für uns und unsere Kinder.“

DAS LEIDER-DOCH NICHT-PAAR

Ilka, 51, hat zwar nicht den Mann fürs Leben (wieder-)gefunden, aber viel über sich gelernt

Auch Ilka Piechowiak brauchte eine Pause. Nach sieben Jahren trennt sie sich zum ersten Mal von Henning, weil sie erkennt: „Egal, wie sehr ich ihn liebe, wenn er nichts ändert, werde ich nicht glücklich, denn wir haben ein unterschiedliches Verständnis, wie wir eine Beziehung leben wollen.“

Ilka, damals 40, war Leistungssportlerin im Handball, spielte für die deutsche Nationalmannschaft. Heute arbeitet sie als Vortragsrednerin, Trainerin und Coachin für Führungskräfte. In ihrem Job-Leben folgt sie dem Motto „Stärke deine Stärken und folge deinem Herzen“. Und in der Liebe? „Werde dir klar über deine Gefühle und Bedürfnisse.“ Als sie und Henning sich verlieben, stecken beide in Beziehungen, er ist verheiratet. Beide trennen sich von ihren Partnern, sie zieht von Hamburg zu ihm in ein anderes Bundesland. Sieben Jahre leben sie zusammen, mit Höhen und Tiefen. Sie wünscht sich von ihm, dass er sein „altes Leben“ hinter sich lässt und die Scheidung einreicht. Henning sieht diese Notwendigkeit nicht. Auch sonst investiert Ilka gefühlt mehr in die Beziehung, fühlt sich gleichzeitig immer weniger von ihm gesehen.

Man kann sich noch so sehr lieben und das Zusammensein funktioniert dennoch nicht. Ist das nicht verrückt?

Schließlich trennt sich Ilka von Henning, „um mein Ich wiederzufinden. Vorher hatte ich mich zu sehr um unsere Konstellation herumgerankt.“ Nach einem Jahr Pause lieben sie sich noch immer und versuchen es erneut. Vier Jahre später trennt sich Ilka endgültig – nach elf Jahren insgesamt – mit der Erkenntnis: „Man kann sich noch so sehr lieben und das Zusammensein gelingt dennoch nicht. Ist das nicht verrückt?“ Nach dem Comeback kommen alte Themen wieder hoch: fehlende Abgrenzung zur Vergangenheit, das Vermeiden von Konflikten, ein anderes Verständnis von Intimität. „Er hatte Seiten, die keine Nähe zuließen, so war die Verbundenheit, die wir hatten, nicht lebbar.“

Bedauert Ilka ihren zweiten Beziehungsversuch mit demselben Partner? „Nein. Ich habe viel über mich gelernt. Denn was sucht sich das Unbewusste? Menschen, die die eigenen Entwicklungsfelder hochspülen. Allerdings würde ich mit dem Wissen von heute nicht mehr so lange an einer Liebe festhalten, die nicht lebbar ist.“

Dass sie selbst als Coach andere Menschen in beruflichen und privaten schwierigen Situationen unterstützt, nutzt ihr in eigenen Liebesdingen nur bedingt. Doch es hilft, eigene Muster zu erkennen und Fragen zu stellen wie diese: „Was möchte ich für ein Leben leben? Gelingt mir das mit diesem Partner? Oder renne ich nur einem Traum hinterher, der nicht wahr wird?“ Für Ilka sind Beziehungen immer die Chance, sich zu entwickeln, um zu wachsen, zu lernen. Ihre Empfehlung für eine gelingende Comeback-Liebe? „Verzeihen können und Wertschätzung für den anderen bewahren.“

Erschienen in Brigitte

 
 

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